Substitution

– was Eltern wissen sollten!

Das Wort Substitution kommt aus dem lat. substituere = ersetzen.
Substitution wurde erst 1992 in Deutschland eingeführt und es gibt sie nur bei Opiatabhängigkeit.

Substitute sind Ersatzdrogen, die dem Abhängigen den Suchtdruck nehmen sollen, sie haben aber nicht die berauschende Wirkung z. B. des Heroins. Sie benebeln nicht und machen keinen „Kick“, wenn sie ordnungsgemäß oral beim behandelnden Arzt täglich unter Aufsicht eingenommen werden. Die häufigsten sind Methadon, Polamidon, Buprenorphin (Subutex) oder Buprenorphin/Naloxon (Suboxone). Da auch sie Opioide sind, wird man genauso wie vom Heroin abhängig. Die Substitutions-Behandlung soll jedoch die schlimmen Folgeerscheinungen der Heroinabhängigkeit mindern, weg von Beschaffungskriminalität und Prostitution. Auch die gesundheitlichen Risiken werden minimiert (kein intravenöser Drogenkonsum, mit dem Risiko der Übertragung von HIV, Hepatitis C und B). Methadon und Polamidon sind Trinklösungen und durch die Beimengung von Sirup oder anderen Substanzen (z.B. Fruchtsäften) nicht zum Spritzen geeignet. Dadurch soll eine Injektion des Mittels verhindert werden. Subutex und Suboxone sind in der Regel Tabletten, die man unter der Zunge zergehen lassen muss. Ein missbräuchlicher Konsum der Substitute in Form von Injektion kann schwerwiegende lebensbedrohliche Folgen haben.

Begleitet und ergänzt wird eine Substitutionsbehandlung stets (das ist gesetzliche Vorschrift) durch eine psychosoziale Betreuung, die den Abhängigen bei der Wiedereingliederung in die "normale" Lebens- und Arbeitswelt unterstützen und stabilisieren soll. Substitution zusammen mit psychosozialer Betreuung ist – entgegen der Meinung vieler Eltern – keine herkömmliche, von Beginn an abstinenzorientierte Langzeit-Drogentherapie, doch mit dieser Behandlung kann es gelingen mit der Krankheit Sucht zu leben und wieder Arbeit zu 􀀂nden, eine Ausbildung zu beginnen oder abzuschließen, also wieder zu einem strukturierten Alltag zurück zu kehren, da nun die „Jagd nach dem Suchtmittel“ nicht mehr im Vordergrund steht und den Tag ausfüllt. Viele Heroinabhängige führen über viele Jahre hinweg mit Substitution ein fast normales Leben und können einer geregelten Arbeit nachgehen.

Substitutionsmedikamente dürfen in der Regel innerhalb der ersten 6 Monate der Behandlung nicht mit nach Hause gegeben werden. Erst wenn die Einstellung auf das Substitutionsmittel abgeschlossen ist und es zu einer Stabilisierung des Suchtkranken gekommen ist, wenn er stabil keine weiteren Substanzen konsumiert (Beikonsum), die zusammen mit dem Substitutionsmittel zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen können, kann es eine Takehome-Verordnung geben. Das ist eine Verschreibung des Substitutionsmittels auf Rezept zur eigenverantwortlichen Einnahme. In der Regel wird das zunächst nur für kurze Zeiträume sein. Wegen des Missbrauch-Risikos hat der behandelnde Arzt hier eine besonders große Verantwortung. Auch wenn alles glattläuft sollte der behandelnde Arzt bei Takehome-Verordnungen mindestens einmal pro Woche persönlichen Kontakt mit dem Patienten haben.

Der behandelnde Arzt stellt dem Patienten einen Ausweis aus, in dem das entsprechende Substitutionsmittel und die aktuelle Tagesdosis in Milligramm (mg) aufgeführt sind. Die letzte Eintragung sollte nicht älter als drei Monate sein. Der Ausweis schützt die Substitutionspatienten bei polizeilichen Kontrollen, denn sie können damit belegen, dass sie ihr Substitutionsmittel legal mit sich führen. Im akuten Notfall kann der Ausweis überlebenswichtig sein, zeigt er doch dem Notarzt, dass die Substitution lückenlos fortgeführt werden muss, um eine unter Umständen bedrohliche Entzugssymptomatik zu verhindern.

Auf der Homepage der Drogenhilfe Ulm/Alb-Donau-Kreis finden Sie weiterreichende Information zum Thema. Die Substitutionsrichtlinien der Bundesärztekammer finden sie hier. Auch zum Thema Substitution und Fahrtüchtigkeit gibt es ausführliche Informationen.

Im Alltag bringt die Substitutionsbehandlung aber leider einige Probleme mit sich. Es gibt immer weniger Vergabepraxen und die betreuen oft über 100 Patienten. Dass sich so wenig Ärzte an der Vergabe beteiligen, liegt auch an der nicht mehr zeitgemäßen Betäubungsmittelvergabeordnung. Die Wege zur Vergabepraxis sind oft weit und mit hohen Fahrtkosten verbunden. Die Integration ins Berufsleben ist wahrlich nicht einfach, denn die Abgabetermine fürs Substitutionsmittel sind oft mit den Arbeitszeiten nicht vereinbar.

Wenn die substituierten Kinder noch im Elternhaus wohnen, dann wünschen sich Eltern meist, dass sie in die Behandlung mit einbezogen werden. Das ist aber - selbst bei minderjährigen Kindern - so gut wie nicht möglich wegen der ärztlichen Schweigepflicht. Ihr Wunsch, dass der Sohn oder die Tochter den Arzt von der Schweigepflicht entbindet und er ihnen gegenüber Auskunft geben darf, birgt die Gefahr, dass die Kinder ihrem Substitutionsarzt gegenüber nicht offen und ehrlich sein werden, was jedoch für eine gelingende Behandlung unabdingbar ist. Eltern sind darum in der Regel auf die Auskünfte ihrer Kinder angewiesen. Aus Erfahrung wissen wir, dass meist nur Halbwahrheiten mitgeteilt werden, dass nur das gesagt wird, was Eltern gern hören wollen. So laufen sie Gefahr, zwischen die Stühle zu geraten und ihren Kindern zu viel Verantwortung abzunehmen. Obwohl sie das Gegenteil erreichen wollen, verhalten sie sich dadurch suchtverlängernd. Bei uns im Elternkreis kann man sich mit anderen betroffenen Eltern austauschen und von ihren Erfahrungen lernen.

Aus dem Wunsch heraus dem suchtkranken Kind zu helfen, verlieren Eltern manchmal die Geschwister des Abhängigen aus den Augen. Bei ihnen kann dann der Eindruck entstehen, wenn man die Aufmerksamkeit der Eltern haben will, dann muss man nur Drogen nehmen. Eltern haben darum die Pflicht, dass minderjährige Kinder im selben Haushalt vor Sucht und deren Auswirkungen geschützt werden.

Während der Substitutionsbehandlung kommt es auch nicht selten zum Beikonsum legaler oder illegaler Substanzen z.B. Kokain, Heroin, Alkohol, Amphetamine, Cannabinoide und verschiedene Medikamente wie Benzodiazepine. Zusammen mit dem Substitutionsmittel birgt das erhebliche gesundheitliche Risiken und kann lebensbedrohlich sein. Der Arzt ist während der gesamten Therapie verpflichtet, regelmäßig und unangekündigt Beigebrauchs-Kontrollen durchzuführen. Dies geschieht in der Regel in Form von Urinproben. Beikonsum kann zum Ausschluss von der Substitutionsbehandlung führen. Das erfolgt in der Regel jedoch nur bei extrem schwerwiegendem und dauerhaftem Beikonsum. Zuvor gibt es meist noch die Möglichkeit, anhand einer Dosissteigerung des Substituts den Suchtdruck zu verringern bzw. über eine stationäre Beigebrauchs-Entgiftung in einem Krankenhaus eine geordnete Substitutionsbehandlung zu erreichen. Wohlgemerkt: Es wird dann nur der Beigebrauch entzogen, nicht aber das Substitutionsmittel!

Wie sollen Eltern reagieren, wenn sie bemerken, dass ihr Sohn oder ihre Tochter noch andere psychoaktive Substanzen zusätzlich zum Substitutionsmittel nimmt?

Hier geraten sie oftmals in eine schlimme Zwickmühle. Beikonsum kann lebensgefährlich sein, doch wenn sie das beim Arzt melden, dann setzen sie durch den möglichen Ausschluss von der Behandlung die im Alltag stabilisierend wirkende Substitution ihres Kindes aufs Spiel. Auch das kann lebensgefährlich sein. Hier muss jede Mutter, jeder Vater für sich selbst entscheiden, es gibt kein Patentrezept. Wir raten, suchen sie den Kontakt mit dem Substitutionsarzt ihres Kindes. Er darf ihnen wegen der Schweigepflicht keine Auskunft über ihr Kind geben, doch er darf ihnen zuhören und er wird sicherlich grundlegende Fragen beantworten. Auch die Mitarbeiter einer Drogenberatungsstelle können ihre Fragen zur Substitutionsbehandlung ihres Kindes beantworten.

Jeder Fall ist individuell und muss darum individuell behandelt werden!

Haben sich Substituierte stabilisiert und dann den Wunsch clean zu werden, dann kann man beginnen die Ersatzdroge herunter zu dosieren. Der letzte Rest wird dann vielmals in einer Entzugsklinik entgiftet, an die eine Langzeittherapie in einer entsprechenden Einrichtung anschließt, die der Abhängige zusammen mit seinem psychosozialen Berater für sich ausgesucht hat.

Die Erfahrung zeigt aber auch, dass so Manche, die in der Substitutionsbehandlung komplett stabil geworden sind, (also Job, Tagesstruktur, Aufarbeitung und Reflektion der Suchtgeschichte, kein Beigebrauch etc.) es allein durch langsames Abdosieren in eine (oft dauerhafte) Abstinenz schaffen. Jemand, der ambulant die Distanz zum drogenkonsumierenden Umfeld hin bekommen hat, selbst nicht mehr illegal konsumiert und dem andere Lebensbereiche wichtiger geworden sind, der ist in der Regel in einer stationären Maßnahme, in dem normalerweise der „Cut“ zu Stoff und zum Szeneumfeld erst sehr kurz ist, nicht unbedingt angemessen aufgehoben.

Der Weg bis dahin kann durchaus eine lange Zeit in Anspruch nehmen, in der Eltern keinen Druck machen sollten. Unser Wunsch und unser Bestreben als Eltern ist es immer, dass unsere Kinder die Krankheit Sucht überwinden, dass sozusagen ein „Reset“ gemacht wird. Doch das funktioniert nicht so, wie man sich das landläufig vorstellt.

Wenn unter Substitution eine zufriedenstellende Lebensgestaltung mit Zukunftsperspektiven erreicht ist, kann eine Abstinenz auch langfristig gelingen.

Diese Seite wurde mit Hilfe von Sandra Heinzelmann (Drob-Inn Neu-Ulm) erstellt.

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